Pampelmousses
Den Botanischen Garten sollte kein Mauritiusurlauber versäumen, ein
Garten Eden mit exotischer Farbenpracht, weltberühmt und
artenreich. Auf ins Mekka für Naturliebhaber! Pamplemousses, rund
12 km nordöstlich der Hauptstadt gelegen, ist ein Muss für jeden
Inselbesucher, denn der Sir Seewoosagur Ramgoolam Botanik Garden
Pamplemousses ist eine der touristischen Hauptattraktionen der Insel
- und das mit Recht. In dem herrlichen Park an der zentralen Mapou
Road wandelt der Besucher auf schnurgeraden Palmenalleen, auf
Spazierwegen vorbei an Fischteichen oder auf verschlungenen Pfaden
unter Banyantrees mit faszinierendem Luftwurzelgeflecht. Der Rivière
Citron und Kanäle schlängeln sich durch das üppig grüne Areal, wo
kleine Pavillons und Bänke zur Rast einladen. Beste Besuchszeit ist
wegen der größten Pflanzenpracht zwischen Dezember und April. Der
Ort Pamplemousses und sein Park entstanden im 18. Jh., als sich der
Gouverneur Mahé de Labourdonnais hier 1735/36 seinen Landsitz
Chateau de Mon Plaisir mitsamt Gemüsegarten anlegen ließ. Der
Garten wurde im Laufe der Jahre erweitert, zunächst ergänzt durch
importierte (medizinische) Kräuter und Gewächse aus Europa und
Asien, mit denen schließlich sogar die Krankenhäuser und franzö-
sischen Handelsschiffe versorgt wurden. Mit dem Anbau von
Orchideen für den Export nach Europa und vor allem von exotischen
Gewürzen von den Molukken - wie Muskatnuss, Gewürznelke und
Pfeffer - mündete das ursprünglich botanische Interesse an der
Gartenanlage vollends in wirtschaftspolitisches Handeln, denn auf
diesem Wege sollte das damalige Gewürzmonopol der Holländer
gebrochen werden. Ehrgeiziger Initiator dieses Projekts war ab 1768
Pierre Poivre, der Nachfolger Labourdonnais’. Von Pamplemousses
aus brachte man die Gewürznelke ab 1818 nach Sansibar, das heute
zu den führenden Exportländern zählt. Auch mit Zuckerrohr wurde in Pamplemousses experimentiert, dazu importierten die
Mauritianer im 19. Jh. verschiedene Arten aus Australien, Java, Trinidad und Guyana.1988 erhielt der Royal Botanic Garden den
Namen Sir Seewoosagur Ramgoolam , zur Erinnerung an den Vater der Unabhängigkeit, den ersten Ministerpräsidenten von
Mauritius, dessen Leichnam im Park in einer feierlichen Zeremonie verbrannt wurde. Ca. 600 Pflanzenarten aus aller Welt, sogar
aus dem Amazonasbecken, sind auf dem 37 ha großen Gelände zusammengetragen worden. Allein die Vielzahl der erschiedenen
Palmenarten ist beeindruckend: wuschlige und majestätische, kerzengerade und dickbauchige, spindeldürre und spiralförmige,
fächerartige, gelockte und natürlich Kokosnuss und Betelnuss tragende. Ein Fünftel der Pflanzen ist endemisch, d. h. nur auf
Mauritius zu finden. Sogar bis zu 300 Jahre alte Bäume sind in dem ältesten Botanischen Garten der südlichen Hemisphäre
beheimatet, ebenso Gewächse, die vom Aussterben bedroht sind oder waren, wie die mauritianischen Ebenholzbäume. Um die
besten Fotomotive zu finden, braucht man weder Karte noch Führer: Wo ganze Reisegruppen verzückt in einer Reihe stehen und
um die Wette knipsen, dort sind die botanischen Stars von Pamplemousses zu finden - der Lotosteich mit seinen mannshohen
weißen oder rosafarbigen Blüten und nebenan die Wasserlilien vom Amazonas (Victoria regia) mit ihren gigantischen kreisrunden
Blättern, die am Rand tablettförmig aufgebogen sind. Glück braucht man bei der exzentrischen Talipot-Palme, denn sie entfaltet
im Alter von 30 bis 40 Jahren nur
ein einziges Mal ihr prachtvolles
Blütenwerk mit Millionen von
gelben Blütenblättern, danach
stirbt sie ab. Dem Parkbesucher
wird jedoch nicht nur Augen-
schmaus geboten, auch die Nase
kommt auf ihre Kosten. Die
Führer zeigen nämlich
wohlriechende Blätter, Hölzer und
Wurzeln, wie Zitrone, Eukalyptus,
Ingwer und Zimt. Die weiße
Kolonialvilla mit einer sehr
feingliedrig umlauf-enden,
doppelstöckigen Veranda, ein
Nachbau des Labourdonnais-
Landsitzes aus dem Jahr 1850
dient heute als Sitz des
Parkdirektors. Ab und zu wird hier
alles auf Hochglanz gewienert,
wenn ein hoher Staatsgast in den
histori-schen Gemächern
empfangen wird. Wie einst die englische Prinzessin Margaret, die 1956 im botanischen Garten einen Guavenbaum ins Erdreich
setzte, oder Indira Gandhi, die 1970 eigenhändig einen Bois d’Olive (Elaeondron oriental) gepflanzt hat, oder wie Nelson Mandela,
der dem Park ein Ebenholzbäumchen vermachte. Indira Gandhi wurde obendrein ein Weg gewidmet. Folgt man jenem, so kommt
man bald zu einer alten restaurierten Zuckermühle, eine Reminiszenz an die erste Zuckermühle landesweit, die in
Pamplemousses stand. Man passiert auch Gehege mit Riesenschildkröten und Java-Wild sowie Denkmäler zu Ehren wichtiger
Persönlichkeiten, darunter natürlich auch Paul und Virginie. Die nach den beiden Romanfiguren benannte Avenue führt zurück
zum Eingang. Nach Aussage des Direktors soll im Park nun alles »viel professioneller« werden - hoffentlich nicht zu professionell:
Sogar die Asphaltwege werden mit dem Staubsauger vom Laub befreit und der Rasen ist stets frisch gemäht. Man verlässt den
Botanischen Garten durch eine elegante schmiede-eiserne Toranlage des 19. Jh. Die Verschlingungen, Kräuselungen, Windungen
und Verdrehungen der strahlend weißen Gitter wirken höchst artifiziell und erinnern an Spitzenklöppelei. Wieder ein
wunderbares Fotomotiv - zum Abschied. Dem Tor gegenüber steht die zweitälteste Kirche von Mauritius, die römisch-katholische
St. François d’Assisi. Das Gotteshaus aus groben Felsquadern mit stumpfem Glockenturm über dem Rundbogengiebel soll 1756
auf Geheiß des Grafen Labourdonnais errichtet worden sein. Innen beeindruckt ausschließlich der offene Dachstuhl. Der
benachbarte Friedhof birgt einige uralte Gräber und Mausoleen von bekannten mauritianischen Persönlichkeiten. Ihre letzte Ruhe
fanden hier beispielsweise der Gouverneur René Magon (1778), der Abt Buonavita (Geistlicher von Napoleon auf Elba) sowie
Madame Adolphe Autard de Bragard (geb. Emmeline de Carcenac, die Charles Baudelaire in seinem Werk Une Dame Creole
verewigte). Als die erst 39-Jährige auf See umkam, ließ die Familie sie nach alter Tradition bestatten - der Körper wurde
einbalsamiert, das Herz in ein Ebenholzkästchen gelegt.